Fußball zählt zu den beliebtesten Sportarten auf der ganzen Welt und wird von Millionen Menschen auf allen Kontinenten verfolgt. Doch der Fußball hat sich in den letzten Jahren bereits einigen Digitalisierungsmaßnahmen verschrieben. Neben der Torlinientechnik kommt mittlerweile auch die VAR-Technik in vielen Spielen zum Einsatz und soll so Klarheit in strittigen Situationen schaffen. Mit einer neuen Computersoftware soll nun bei der im Winter anstehenden WM in Katar erstmals eine neue Abseits-Technik zum Einsatz kommen und den Fußball künftig um eine weitere digitale Überwachung erweitern.
Auch das Fanerlebnis hat sich durch die Möglichkeiten moderner Technik gewandelt. Durch digitale Analysewerkzeuge und eine am Computer aufgearbeitete Präsentation von Spielabläufen, Ergebnissen und Hintergrundberichten können Zuschauer nicht nur im Stadion nahezu hautnah dabei sein. Via Smartphone, Computer oder Smart TV werden Fußballübertragungen und das Drumherum zum Video on Demand Erlebnis in HD und die Zuschauer entscheiden selbst, wie sie ihr Sporterlebnis gestalten möchten. Auch Nebenschauplätze wie Tippspiele und Fußballwetten sind längst digital geworden. Über den Browser oder eine App können Wettfans in Echtzeit während der WM Wetten platzieren und so spontan auf sich verändernde Wettquoten oder Bonusangebote reagieren.
WM in Katar wird zum Debüt für neue Analysetechnik
Die Analysetechnik zur Abseitserkennung wurde bereits bei der Weltmeisterschaft 2018 in Russland eingesetzt und es gab erste Anläufe, das Schiedsrichterteam durch KI zu unterstützen. Natürlich wurde die Technik vor dem großen Einsatz bei der Weltmeisterschaft auf Herz und Nieren geprüft. Auch die UEFA setzt auf die neue Analysetechnik. Diese wurde am 10. August beim Supercup zwischen Real Madrid und Eintracht Frankfurt genutzt und soll künftig auch in der Champions League mit dabei sein. Erfolgreiche Tests wurden bereits beim Arab Cup und der Klub-WM verzeichnet. Grund für den Einsatz der neuen Technik ist die oft langwierige Analyse mithilfe des VARs bei sehr knappen Abseits Entscheidungen. Durch die Unterstützung der neuen Technik sollen auch enge und nur schlecht einsehbare Situationen binnen kürzester Zeit regelkonform entschieden werden. Dies soll den natürlichen Spielfluss möglichst wenig unterbinden. Die langen Wartezeiten waren nicht nur den Fans, sondern auch der FIFA und allen voran dem Chef der FIFA-Schiedsrichterkommission, Pierluigi Collina, ein Dorn im Auge.
So funktioniert die KI-gestützte Abseitserkennung
Die Positionen der Spieler und des Balls werden auf dem Spielfeld mithilfe von Computervision verfolgt. Durch den ständigen Vergleich der Position der beiden Objekte kann das System feststellen, ob sich ein Spieler in einer Abseitsposition befindet oder nicht. Die KI-gestützte Abseitserkennung befindet sich zwar noch im Anfangsstadium, hat aber das Potenzial, das Schiedsrichterwesen im Fußball zu revolutionieren. Die KI ist nicht nur genauer als das menschliche Auge, sondern kann auch sofort Entscheidungen treffen, was zu schnelleren und einheitlicheren Entscheidungen auf dem Spielfeld führen könnte. Dabei wird die produzierte Datenmenge besonders hoch sein. Installierte Kameras überwachen den Ball sowie 29 Datenpunkte jedes einzelnen Spielers bis zu 50-mal pro Sekunde. Mit maximal 1.500 Bildern pro Sekunde soll die Technik so für schnelle und richtige Entscheidungen sorgen. Die Datenpunkte eines jeden Spielers umfassen alle Körperteile, die für eine Abseitsentscheidung von Wichtigkeit sind. Auch der Spielball selbst ist mit einem entsprechenden Sensor ausgestattet. Dieser liefert 500-mal pro Sekunde IMU-Daten, um besonders enge Abseitsentscheidungen korrekt regeln zu können. 3-D-Darstellungen werden dann binnen Sekunden produziert und sowohl im TV als auch im Stadion eingeblendet. Durch die Modellierung der strittigen Szene soll stets ein optimaler Blick auf die Abseitssituation erfolgen können.
Kritiker sehen Autorität der Schiedsrichter auf dem Platz schwinden
Auch diese Maßnahme der Digitalisierung im Fußball wird nicht nur positiv aufgenommen. Wie bereits beim VAR und bei der Torlinientechnik wird argumentiert, dass die Menschlichkeit auf dem Platz schwindet und die Schiedsrichter selbst immer weniger Autorität an den Tag legen können. Zudem wird kritisiert, dass durch den digitalen Einsatz der Spielfluss unterbrochen wird und Entscheidungen auch rückwirkend geändert werden können. Andererseits unterlaufen der Technik keine Fehler, wenn sie entsprechend programmiert wurde. Fehlentscheidungen können so vermieden werden und die Fairness im Fußball kann maßgeblich erhöht werden. Dabei stellt sich die Frage, ob legendäre Fehlentscheidungen wie die „Hand Gottes“ oder der nicht gegebene Treffer von England gegen Deutschland im Achtelfinale der Weltmeisterschaft im Jahr 2010, nicht auch eine ganz besondere Magie im Fußball freisetzen. Es wird wohl eine ewige Streitfrage bleiben, ob Digitalisierung auf dem Spielfeld nun ein Fluch oder Segen darstellt. In Hinblick auf die Fairness muss klar gesagt sein, dass die Digitalisierung viel dazu beitragen kann, den sportlichen Erfolg zu fördern und menschliche Fehlentscheidungen, die auch spielentscheidend sein können, einzudämmen.
Fazit
Die neue Abseitstechnik wird den Fußball definitiv weiter digitalisieren und für schnellere und präzisere Entscheidungen sorgen. Dass die Technik funktionieren kann, wurde bereits im Amateur- und Profifußball gezeigt. Nichtsdestotrotz kann ein bitterer Beigeschmack bleiben, wenn dem Fußball möglicherweise ein Teil der Menschlichkeit entzogen wird. Eines ist jedoch gewiss: Die Fußball-WM 2022 wird in vielerlei Hinsicht besonders werden.
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