Mit Krankl am (Schul)Bankl

BSPA Wien-Direktor Hartweger blickt vor Ruhestand zurück und in die Zukunft
FOTO © Sport Austria/Leo Hagen
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Fast vier Jahrzehnte war Wolfgang Hartweger in der Trainerausbildung tätig. Nun tritt der Direktor der Bundesportakademie Wien mit 1. Oktober seinen Ruhestand an. Im Interview wirft er einen Blick in den Rückspiegel und einen in die Zukunft: Mit welchem Weltstar er selbst noch die Ausbildung durchlaufen hat, welche Schüler:innen ihn besonders beeindruckten, wie sich die Trainer:innen-Ausbildung über die Jahrzehnte veränderte und wo er das Ausbildungspotenzial der Zukunft ausmacht.

Seit wann sind Sie für die BSPA tätig?

„Seit 1987, nachdem ich in Graz mein Studium – Leibeserziehung und Geographie – abgeschlossen und das Probejahr als AHS-Lehrer absolviert hatte. Eigentlich wollte ich nur ein Jahr in Wien bleiben, fand aber die Arbeit in der Erwachsenenbildung an der BSPA, damals noch Bundesanstalt für Leibeserziehung, dermaßen abwechslungsreich und spannend, dass ein Wechsel nicht mehr im Raum stand. Der Großteil der Trainer:innen-Ausbildungen fand übrigens schon damals in den Bundessport- und Freizeitzentren Schielleiten, Obertraun, Hintermoos und Faak am See statt – alles großartige Destinationen für unsere Ausbildungszwecke.“

Was war aus Ihrer Sicht seither die bemerkenswerteste Entwicklung in der Trainer:innen-Ausbildung?

„Zum einen hat sich die Einstellung zu Ausbildungen verändert. Zu Beginn meiner Tätigkeit als Ausbilder hatte ich manchmal das Gefühl, dass einige Kursteilnehmer die Ausbildung nur machen, um einen staatlich legitimierten ‚Schein‘ für ihre Trainertätigkeit zu erhalten. Echtes Interesse war nicht  zu sehen. Heute ist das Bewusstsein da, dass man ohne sportwissenschaftliche Erkenntnisse mit der dynamischen Entwicklung im Leistungssport nicht mithalten kann.

Zum anderen hat sich das Unterrichten stark verändert. Von einer reinen Wissensvermittlung über Frontalvorträge hin zum praxisorientierten Kompetenzerwerb.  Heute sprechen wir von ‚blended learning‘. Es ist ein Mix aus Präsenzunterricht, digitalem Lernangebot sowie gezielter Vernetzung von Praxis und Theorie. Von großer Bedeutung ist zudem die Entwicklung der Fähigkeit selbstreflektierend als Trainer oder Trainerin arbeiten zu können.“

Wer war der/die interessanteste Schüler/Schülerin – gibt es so jemanden?

„Zu Beginn meiner Laufbahn, als ich selbst Teilnehmer an der Fußballtrainerausbildung war, fand ich Hans Krankl interessant. Er hatte einige Jahre zuvor noch bei Barcelona gespielt. Mit einem Weltstar sozusagen als Mitschüler auf der Schulbank, der dann auch Teamchef wurde. Als ich meine ersten Fußballkurse leiten durfte natürlich Herbert Prohaska, Andi Herzog und Peter Stöger, zuletzt Adi Hütter, derzeit bei AS Monaco, und Oliver Glasner, aktuell bei Crystal Palace, die international Karriere als Fußballtrainer gemacht haben.

Herausheben möchte ich auch Willi Ruttensteiner. Er wollte alles genau wissen, fiel durch interessante Fragestellungen auf. Selbst in den Pausen waren wir Lehrer gefordert, seinen Wissensdurst zu stillen. Sein Ehrgeiz, sein Fleiß und seine Willensstärke haben ihn weit gebracht. Er wurde U21-Teamchef und ÖFB-Sportdirektor, später u.a. auch Nationaltrainer Israels. Sein Karriereverlauf hat mich sehr beeindruckt.“

Und aus anderen BSPA-Ausbildungsbereichen?

„Immer wieder brachten ehemalige Leistungssportler:innen ihre Erfahrungen in die Ausbildungen ein und waren echte Bereicherungen. Da fallen mir z. B. Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Emese Nemeth Hunyady oder Erwin Reiterer ein. Der mehrfacher Zehnkampf-Staatsmeister fiel durch sein außergewöhnliches Können und seine herausragende Persönlichkeit auf. Wir konnten ihn als Mitarbeiter gewinnen. Er leitet mittlerweile die Instruktorenausbildung, in der die Basis für spätere Erfolge in den Vereinen gelegt wird. Magdalena Lobnig, Ruder-Europameisterin und Olympia-Bronzemedaillengewinnerin, hat vergangenes Jahr den Trainergrundkurs abgeschlossen. Super-G-Weltmeister Hannes Reichelt absolviert zurzeit seine Trainerausbildung mit psychologischem Schwerpunkt bei uns.

Ich denke aber auch an Personen, die keine schillernde Leistungssportkarriere hatten und dennoch als Trainer außerordentlich performen. Reinhard Gösweiner war mehrere Jahre Cheftrainer der ÖSV-Biathleten und nach einem Abstecher nach Belarus hat er heuer das Amt des österreichischen Damen-Biathlon-Cheftrainers übernommen. Er ist mir in der Ausbildung vor allem durch seine ruhige, besonnene und akribische Arbeitsweise aufgefallen.“

Wo soll die Trainer:innen-Ausbildung der BSPA in 10 Jahren stehen, zeichnet sich da schon eine bestimmte Entwicklung ab?

„Bei der rasanten Entwicklung im Sport ist es schwer vorauszusagen, welche neuen Anforderungen in zehn Jahren an die Trainer:innen gestellt werden. Natürlich ist der digitale Einfluss – speziell durch KI – schon jetzt eine spannende Sache und wird sich in den nächsten Jahren noch erhöhen. Darauf wird man sich einstellen müssen.  Das notwendige Gespür für die Gruppe wird die KI allerdings nie ersetzen können.

Im Bereich der pädagogischen und psychologischen Kompetenzentwicklung unserer Trainer:innen sehe ich noch Luft nach oben. Da wird sich einiges tun bzw. tun müssen. Neben den lehrplanmäßig strukturierten Ausbildungen wünsche ich mir eine Weiterentwicklung der Fortbildungsschiene der BSPA, der Bewegungsakademie. Durch die Bewegungsakademie können wir ganz gezielt und flexibel auf die besonderen Bedürfnisse und Interessen unserer Trainer:innen reagieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass die BSPA mit ihren außergewöhnlichen Lehrer:innen auch in 10 Jahren eine feste, verlässliche Größe im organisierten Sport in Österreich einnehmen wird.“

Wie wichtig ist tägliche Bewegung – vor allem für Kinder?

„Sehr wichtig, wir sind jedoch noch weit weg von einem wünschenswerten Ergebnis. Ich schätze aber die diesbezüglichen Bemühungen der Bundesregierung und vor allem von Sport Austria mit Präsident Hans Niessl. Wenn wir die Volksgesundheit verbessern wollen, führt an regelmäßiger Bewegung kein Weg vorbei. Die Basis dafür sollte in den Schulen und Vereinen gelegt werden!“

Was war die größte Herausforderung in Ihrer Amtszeit als Direktor und was wünschen Sie ihrem Nachfolger?

„Die schwierigste Zeit war sicher während der Pandemie. Meinem Nachfolger wünsche ich, so große Freude an der Funktion wie ich hatte und natürlich viel Erfolg!“

Wie sieht ein Ruhestand Marke Hartweger eigentlich aus?

„Ich möchte den Schwung, der mich durch meine berufliche Tätigkeit getragen hat, mitnehmen. D.h. sportlich aktiv sein, etwas Neues lernen, Freundschaften pflegen und viel Zeit mit meiner Familie verbringen.“

www.bspa.at

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