Ein gutes Jahr für Österreichs Turnsport

Der Jahresrückblick:

2013 war ein sehr gutes und erfolgreiches Jahr für den österreichischen Turnsport. So freute man sich an der Leistungsspitze über eine EM-Medaille und gleich mehrere Spitzenplätze bei Europameisterschaften. Oder über einen Weltcupsieg, einmal Weltcup-Silber, einmal Weltcup-Bronze und eine Reihe von Weltcup-Top10-Plätzen.

Eine World-Games-Bronzemedaille konnte ebenso verbucht werden, wie die Durchführung der Heim-EM der Rhythmischen Gymnastik in der ausverkauften Wiener Stadthalle zum großen Gesamterfolg wuchs. Last but not least: Österreich gewann den offiziellen FIG-Weltmeistertitel im Gruppenturnen!

Dazu drängten junge Asse als Versprechen für die Zukunft in den Vordergrund. Das „Europäische Olympische Jugendfestival“ im Turnen oder die Trampolin-Jugend-WM brachten die bislang stärksten österreichischen Auftritte – mit Top10- und Finalplätzen.

Weltweit zählt Turnen gemeinsam mit Leichtathletik und Schwimmen lt. IOC seit 2013 zu den drei offiziell wichtigsten olympischen Sportarten. In Österreich ist dies (bei allen drei…) wohl noch nicht so weit. Doch gemeinsam mit der optimistisch stimmenden Leistungsentwicklung, positiven Berichten aus den fast 500 ÖFT-Mitgliedsvereinen und der besser verankerten Bedeutung des Turnens als „Grundsportart“ darf bilanziert werden: Es ging mit dem Turnsport weiter aufwärts – und die Öffentlichkeit vermerkt es auch in zunehmendem Maß.

Kunstturnen: EM-Finali, Weltcup-Medaillen, EYOF-Finale
Österreichs Kunstturnerinnen begaben sich 2013 auf neue Wege. Unter der Leitung der neuen Sportdirektorin Eva Pöttschacher und des neuen Nationaltrainers Laurens van der Hout wurden viele Weichen im Hinblick auf das wichtige erste Olympia-Qualifikationsjahr 2014 neu gestellt. Man konzentriert sich jetzt noch mehr auf die langfristige Leistungsentwicklung der Kadermitglieder und stellt die Teamarbeit in den Vordergrund.

Bei der Europameisterschaft in Moskau schafften es mit Lisa Ecker und Elisa Hämmerle erstmals zwei Österreicherinnen dank fehlerfreier Leistungen in den „Königinnenbewerb“, das Mehrkampf-Finale, Jasmin Mader scheiterte daran nur knapp. Ecker gewann zusätzlich im Weltcup eine Bronzemedaille, Hämmerle qualifizierte sich ebenso wie Mader für mehrere Weltcup-(Top8)-Finali.

Für Österreichs männliche Kunstturn-Elite war 2012 das erfolgreichste Jahr bisher gewesen. 2013 konnte man daran auf den ersten Blick nicht anschließen: Die Schlüsselübungen bei der WM und EM misslangen, weshalb bei den internationalen Titelkämpfen keine Plätze im Vorderfeld erreicht werden konnten.

Wer genauer hinsieht, erkennt jedoch, dass dieselben Akteure wie zuvor – allen voran Olympiateilnehmer Fabian Leimlehner mit einer Silbermedaille am Reck – im Weltcup und bei weiteren Meetings ihre positive Formentwicklung auch im stets so geplant gewesenen „Übergangsjahr 2013“ unter Beweis gestellt haben.

Bei Österreichs männlichem Kunstturn-Nachwuchs beeindruckte der Aufwärtstrend 2013 besonders. Hier reift ein Kader heran, der es den Arrivierten im Nationalteam schon bald schwer machen möchte. So gewann Österreich z.B. erstmals überhaupt einen Junioren-Länderkampf gegen „Big Brother“ Deutschland. An der Spitze zahlreicher weiterer gerne verbuchter internationaler Erfolge ragt der sechste Platz von Vinzenz Höck im Ringefinale des „Europäischen Jugendfestivals“ heraus (denn im Turnen gilt das „EYOF“ als zumindest gleichwertig zur Junioren-EM).

Rhythmische Gymnastik: Heim-EM in Wien als herausragendes Ereignis
Die langjährige österreichische Ausnahmeerscheinung dieses Sports, Caroline Weber, trat mit der EM Anfang Juni 2013 in der Wiener Stadthalle vom aktiven Wettkampsport zurück. Allerdings nicht, ohne es ein weiteres Mal in ein EM-Gerätefinale zu schaffen und einen wesentlichen Anteil zum ausgezeichneten siebenten Mannschaftsrang Österreichs beizutragen.

Der sportliche Erfolg paarte sich bei der Heim-EM mit einem organisatorischen, am Ende freute sich der ÖFT über eine in jeder Weise erfolgreiche Bilanz: Die Europäische Turnunion UEG lobte die EM 2013 in Wien als „optimal umgesetzte Meisterleistung“ und fand auch in ihrer strengen internen Bewertung keinen einzigen Kritikpunkt.

Nach dem Abschied Webers ist nun Nicol Ruprecht die neue Nr. 1 in der rotweißroten RG. Sie verstand es rasch, aus Caroline Webers Schatten zu treten. Schon als 13. der EM hatte sie erstmals im Spitzenfeld aufgezeigt. Bei den World Games in Cali schaffte Ruprecht als Neunte sogar erstmalig die Top10 bei einem voll besetzten Weltklasse-Meeting.

Es überrascht zwar, dass fast die komplette Spitze der internationalen Rhythmischen Gymnastik auch Zeit für ein Studium hat, doch dies hob das Leistungsniveau der Universiade in Kazan (Russland) auf eine beachtliche Höhe. Umso bemerkenswerter war daher Natascha Wegscheiders 14. Rang bei diesen Studenten-Weltmeisterschaften.

Trampolinspringen: Der Nachwuchs drängt ins Rampenlicht
Um Martin Spatt, Österreichs Nr. 1 im Trampolinspringen, war es den Großteil des Jahres 2013 unerwartet ruhig geblieben: Er kämpfte mit einem schweren Koordinations-Blackout. Im Herbst war Spatt schließlich wieder „der Alte“, meisterte dasselbe Kürprogramm wie ein Jahr zuvor. Ein 25. und ein 29. Weltcuprang sowie der Sieg beim internationalen Alpencup in Salzburg bestätigten sein erfolgreiches Comeback.

Gut ein Dutzend Jahre, nachdem der ÖFT die Verantwortung über das österreichische Trampolinspringen – seine jüngste olympische Sportart – übernommen hatte, entwickelt sich dieser Sport nun nach systematischem Aufbau erstmals auf breiter Nachwuchsebene Richtung Weltniveau.

Elf rotweißrote Zukunftshoffnungen, so viele wie noch nie, hatten sich für die Jugend-Weltmeisterschaft 2013 im Trampolinspringen qualifiziert. Als bestes Ergebnis sprangen Miriam Hernstein und Sarah Hekele auf Platz 10 im U18-Synchronbewerb, darüber hinaus verbuchte man einige Positionen im guten Mittelfeld.

Sportaerobic: Lubi Gazov eilt von Welterfolg zu Welterfolg
Am 3. August 2013 tobte das Publikum im El Pueblo Coliesum in Cali (Kolumbien) und probte den Aufstand: Gewaltige 18.000 forderten statt des dritten Platzes lautstark den Sieg von Lubi Gazov bei den World Games der Sportaerobic.

Die Jury behielt allerdings ebenso die Oberhand, wie drei Monate später, als die Zuseher im französischen Arques bei der Europameisterschaft Gazovs „nur“ zweiten Rang auspfiffen. Die internationale „Aerobic-Königin der Herzen“ ist mittlerweile jedenfalls ein fixer Bestandteil der Weltspitze und kann alle schlagen. Das bewies Lubi Gazov 2013 in Tokio bei ihrem zweiten Weltcupsieg auch nachdrücklich in der Praxis.

Im Sog von Lubi Gazov gelang Michelle Sieberer in ihrem ersten Jahr in der internationalen Eliteklasse ein ausgezeichneter Einstand. Schon bei ihrem ersten Weltcup-Start erreichte sie das 8er-Finale, bei der EM überzeugte sie auf Platz 12. Dahinter kommt mit der 13-jährigen Vanessa Adamec eine weitere Ausnahmebegabung nach, die in ihrer Altersklasse reihenweise internationale Meeting-Siege sammelte.

Gym For Life World Challenge: Götzis gewinnt Weltmeistertitel im Gruppenturnen!
Alle vier Jahre wird vom Weltturnverband FIG die „Gym For Life World Challenge“ veranstaltet, ein Contest im Gruppenturnen, bei dem jede teilnehmende Formation in Anlehnung an Zirkus- oder Musikfestivals entweder eine Bronze-, Silber oder Goldmedaille gewinnt.

Drei österreichische Vereinsteams sicherten sich jeweils eine Silbermedaille. Im Finale aller Goldmedaillengewinner am 13. Juli in Kapstadt wurde der offizielle Weltmeistertitel vergeben. Das Akrobatik-Ensemble „Zurcaroh“ der Sportgemeinschaft Götzis prägte die Entscheidung, die Jury stimmte einhellig für die Vergabe des Weltmeistertitels an die Vorarlberger.

Team-Turnen: Europacupsieg für Dornbirn
2013 war für das Team-Turnen ein Jahr ohne internationale Titelentscheidung. Im Dreikampf aus gemeinsamen Minitrampolinspringen, Tumbling (Tempobodenturnen) und Akrobatik-Showtanz stand deshalb der „europäische Cup“ im Blickpunkt, der allerdings ohne die in diesem Sport führenden skandinavischen Teams ausgetragen wurde. Österreichs Serienstaatsmeister TSZ Dornbirn gewann zwei Cup-Meetings und die Cup-Gesamtwertung, eine hoch einzuschätzende Leistung.

Sportakrobatik: Der harte Weg nach oben
Der ÖFT entsandte 2013 sein bislang größtes Team zu einem internationalen Sportakrobatik-Titelkampf: 14 junge Damen aus den Akrobatik-Hochburgen Krems und Dobersberg maßen sich in den beiden Nachwuchs-Altersklassen der Europameisterschaft. Heraus schauten leider nur Platzierungen im hinteren Teil der Ergebnislisten, dennoch konstatierten die Fachexperten einen Fortschritt.

Eine positive Entwicklung ereignete sich auch innerhalb Österreichs: 102 Formationen mit 257 Akrobat/inn/en bildeten das Feld der bislang größten österreichischen Meisterschaft dieses Sports, wobei die Medaillen erfreulicher Weise an insgesamt neun verschiedene Trainingsstandorte gingen.

Turn10®: Das klassische Gerätturnen (fast) neu erfunden
Das sehr erfolgreiche Vereins-Gerätturnprogramm Turn10® legte mit seinem weltweit einzigartigen System auch 2013 weiter zu. Beinahe 300 Vereine beteiligen sich mittlerweile bundesweit am Turn10®-Wettkampfgeschehen.

Besonders beeindruckend: Für die Österreichische Meisterschaft 2013 in Bregenz qualifizierten sich trotz (aus organisatorischen Gründen auf 600) streng limitierten Kinder- und Jugend-Startplätzen Aktive aus über 70 Vereinen. In den zahlreichen Altersklassen gingen die Medaillen an über 40 Vereine und in alle Bundesländer. Überall dort wird auf hohem Niveau trainiert. Um die Qualität und die Dichte des Vereins-Gerätturnens in Österreich muss einem daher gar nicht bange sein.

Gleichzeitig versuchte sich der ÖFT mit der „Turn10®-Challenge“ an einem besonders schwierigen Projekt: Wieder mehr Gerätturnen in Österreichs Schulen zu verankern. Dazu ist eine verbesserte Aus- und Weiterbildung der Lehrer ebenso notwendig und wurde/wird kräftig vorangetrieben, wie man das „Turnen als Grundsportart“ imagemäßig mit den verwandten Trendsportarten Parkour, Freerun oder Street Dance verband.

Insgesamt beteiligten sich an der ersten Ausgabe der Turn10®-Challenge im Schuljahr 2012/13 auf Anhieb 250 Schulen mit fast 20.000 Schülern. Die zweite Saison 2013/14 ist bereits erfolgreich gestartet und verspricht eine weitere Steigerung.

EM, Austrian Open, Alpencup & Co: 13 ÖFT-Meisterschaften und 19 internationale Meetings als Botschafter
Das „Wettkampf-Veranstaltungs-Pflichtprogramm 2013“ bedeutete für den ÖFT insgesamt 13 getrennt organisierte Staatsmeisterschaften und Österreichische Meisterschaften mit 207 Bewerben in den neun verschiedenen Verbandssparten. Die Kür bildeten 19 internationale Meetings in Österreich, die vom ÖFT, den Landesturnverbänden oder hoch engagierten Vereinen veranstaltet worden waren.

Dabei stach natürlich die EM der Rhythmischen Gymnastinnen in Wien besonders heraus. Weitere internationale Highlights bildeten das „Austrian Team Open“, der „Alpen Adria Cup“ und das Jugendweltturnier „Future Cup“ im Kunstturnen, während mit dem „Alpencup“ ein großes internationales Trampolin-Meeting zur bleibenden Einrichtung in Salzburg werden soll.

Erfolgreich unterwegs, doch längst nicht am Ziel
Trotz des ungebrochenen Erfolgstrends des österreichischen Turnsports auf allen Ebenen ist jedoch festzuhalten, dass die ÖFT-Nachwuchs- und Spitzensportarbeit im internationalen Vergleich von konkurrenzfähigen Rahmenbedingungen nach wie vor weit entfernt ist. Gerade der in den letzten Jahren gelungene Aufholprozess macht dies umso schmerzhafter spürbar.

Es existieren in Österreich für den Turnsport zu wenige hochleistungstaugliche Trainingsstätten (de facto gibt es bundesweit keine einzige mit zeitgemäßem Weltstandard), zu wenige Trainerposten und nach wie vor findet z.B. keine optimale Zusammenarbeit mit dem Schulsystem für ein effizientes Talente-Scouting statt. Offene Baustellen gibt es also noch einige – und entsprechend viel Arbeit ist schon 2014 wieder zu leisten.

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