Lauda über Rosberg: „Er setzt uns damit unter Druck“

Der Mercedes-Macher über den Rücktritt des Weltmeisters
Niko Rosberg 2015 © Red Bull Media Picture Database - GEPA pictures/Daniel Goetzhaber
Niko Rosberg 2015 © Red Bull Media Picture Database - GEPA pictures/Daniel Goetzhaber

Der Schock des plötzlichen Rücktritts von Nico Rosberg sitzt auch bei Niki Lauda noch tief. In seiner Wiener Villa gewährte der Mercedes-Macher Sky-Reporterin Tanja Bauer tiefe Einblicke in seine Gedankenwelt.

Niki Lauda zu Sky…

… über den Moment als ihn die Nachricht ereilte:

„Toto sagte es mir in Stuttgart. An seinem Gesichtsausdruck erkannte ich sofort, dass es kein Scherz war. Mein erster Gedanke: Na, das wird eine interessante Herausforderung für uns. Ich war überrascht, ich denke ja sehr oft Negativszenarien durch, aber es gab keine Anzeichen dafür.“

…darüber, dass sich Rosberg seit dem GP von Singapur mit Rücktrittsgedanken beschäftigte:

„Diese Gedanken teilte er nicht mit uns. Solche Entscheidungen trifft man nicht ad-hoc. So etwas gärt in einem. Wenn man sich vornimmt, dass man mit dem Gewinn des WM-Titels so glücklich ist, dass man aufhört, ist das schon eine Art den Rennsport zu beenden. Meine war es nicht und auch nicht die von vielen anderen. Der erste WM-Titel ist ja der schwerste, auf den arbeitest du am längsten hin. Mir war klar, dass ich nach der Nr.1 weiterfahren und in den nächsten Kampf gehe. Aber er hat bei uns erst vor kurzem einen Zwei-Jahresvertrag unterschrieben für 2017 und 2018. Wenn das immer sein Programm war, denke ich schon darüber nach, was da manchmal los ist.“

… über die Erklärung, die ihm Rosberg lieferte:

„Die hat er öffentlich jedem gesagt: Er musste dieses Jahr so hart kämpfen. Aber das sehe ich nicht als etwas Besonderes an. Anscheinend hat es ihn so belastet, dass er nicht mehr weiter konnte. Dann hatte er ein Riesenproblem mit der Familie. Er sagte immer wieder, dass seine Frau sich mit dem Kind allein beschäftigen muss. Da hatte er anscheinend – so kommt es rüber – ein schlechtes Gewissen seiner Frau gegenüber. So etwas hat es zu meiner Zeit überhaupt nicht gegeben. Wir haben eine Verantwortung gehabt für ein Team zu fahren, dafür, zu delivern und das heißt Weltmeister zu werden. Alles andere ist ja nix. Das hat er jetzt getan. Kaum ist es passiert, sagt Nico, er geht nach Hause zu seiner Frau. Jeder kann tun, was er will. Aber er setzt uns damit unter Druck.“

…darüber, ob er sich in Stich gelassen fühlt:

„Wenn ich es nüchtern betrachte, hätte man schon in den Verhandlungen für den neuen Vertrag Klauseln hineinbitten können, damit man fair miteinander umgeht. Das wurde alles nicht gemacht. Gerhard Berger hat verhandelt mit der klaren Mission für einen Zwei-Jahresvertrag. Man muss respektieren, wenn sich jemand zurückzieht. Nico hat aber keine Anzeichen gesetzt. Er hätte uns Warnungen geben können, dass es passieren kann im Fall des WM-Titels. Dann hätten wir uns vorher darauf einstellen können.“

…darüber, dass im Falle eines Hamilton-Erfolgs Rosberg weiter gefahren wäre:

„Deshalb wäre es mir, um ehrlich zu sein, lieber gewesen, wenn wir die tolle Fahrerpaarung behalten hätten und Lewis Weltmeister geworden wäre.“

… über Rosbergs Zukunft:

„Ich hoffe für Nico – ich habe das ja selbst zweimal erlebt -, dass er nicht in ein Loch fällt. Er kommt aus einem kompetitiven Leben. Es kann gut sein, wenn Melbourne anfängt, dass er sich plötzlich denkt: ui, ich sitze noch immer zuhause. Das muss er mit sich selbst ausmachen. Spitzensportler können auch mal abstürzen, wenn sie nicht das voll bekommen, was sie sich erwartet haben. Wenn du Benzin im Blut hast, kann es schon sein, dass dir etwas fehlt. Ich habe es damals mit anderen Aufgaben kompensiert, habe eine Airline gegründet.“

…über die Nachfolge von Rosberg:

„Fast alle Fahrer haben Toto und mich angerufen, das hat es noch nie gegeben, auch nicht zu meiner Zeit. Durch die Bank, ich würde sagen 90 Prozent haben sich gemeldet – wir sind da! Horner hat mir eine SMS geschickt, dass Verstappen und Ricciardo so unter Vertrag sind, dass wir gar nicht darüber nachdenken brauchen. Ich finde nur toll, dass alle unsere Leistung anerkennen.“

Rosberg tritt als Weltmeister ab

[PM]

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