Das Knie als Vorschlaghammer

Cechs schwere Verletzung kein Einzelfall

Das Fußballspiel Reading gegen Chelsea war keine Minute alt, als der Stürmer Stephen Hunt einem unerreichbaren Ball nachhechtete. Unerreichbar, weil Chelsea-Keeper Petr Cech, der amtierende Welttorhüter, das Leder schon in seiner Kontrolle hatte. Hunt rutschte trotzdem und traf den Tschechen mit dem Knie am Kopf. Der Schlag hatte eine derartige Wucht, dass die Schädeldecke des Torhüters brach. Cech musste noch am selben Tag operiert werden, kurzfristig bestand sogar Lebensgefahr. Der tschechische Teamkeeper muss mindestens ein halbes Jahr pausieren, sein Vater spricht sogar von einem Jahr Pause. Franz Gruber, der Tormann-Trainer der Wiener Austria, hat seine Karriere nach einem ähnlichen Zusammenprall beenden müssen. Vor neun Jahren kollidierte der ehemalige Admira-Goalie mit dem Knie eines Gegenspielers. Fast alle Knochen im Gesicht brachen: das Jochbein, der Oberkiefer, das Nasenbein, die Augenhöhle und die Schädeldecke.

„Das Knie ist wie ein Vorschlaghammer“, sagt Gruber in der Wiener Zeitung. Den Vorfall in England hat Gruber im Internet gesehen. „So etwas bringst du nicht aus dem Kopf raus, und bei gewissen Anlassfällen denkt man daran.“

Der Zusammenprall war für Gruber unnötig. „So kann man nicht hineingehen“, sagt er. „Aber der Sport ist sehr schnell geworden und die Zweikämpfe haben zugenommen. Die Spieler haben keine Hemmungen mehr.“

Die schwere Verletzung von Petr Cech ist kein Einzelfall. Vor fünf Jahren starb der Torhüter des russischen Top-Vereins ZSKA Moskau bei einem ähnlichen Vorfall. Sergej Perchun, damals Teamtorhüter der Ukraine, erlitt nach einem Zusammenstoß ein Hirnödem, an dem er nach sieben Tagen im Koma verstarb.

Auch Werder-Tormann Andreas Reinke zog sich in einem Spiel schwere Gesichts- und Kopfverletzungen zu. Österreichs Teamspieler Martin Stranzl, damals noch bei Stuttgart unter Vertrag, war auf dem nassen Rasen ausgerutscht und ungebremst mit Reinke zusammengestoßen.

Payer fordert erhöhten Schutz für Torleute
Für Rapid-Goalie Helge Payer ist die Verletzung von Cech schlicht „ein Wahnsinn. Das beschäftigt nicht nur Torleute, sondern alle Fußballer.“ Der Teamkeeper spricht sich vehement für einen stärkeren Schutz seiner Gilde aus. „Auf die Schnelle fällt mir zwar nichts ein, aber man muss sich da was überlegen“, sagt er.

„Wir arbeiten alle im selben Job“, sagt Gruber. „Und dann kann man nicht so hineingehen.“ Härtere Strafen sind freilich kein geeignetes Mittel, sie wirken erst, wenn’s schon zu spät ist. Reading-Angreifer Hunt sah für sein Foul nicht einmal Gelb.

Kategorien
Fussball - Presseinfo

ÄHNLICHE ARTIKEL